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A mad. Louise, raugräffin zu Pfaltz, a Paris.[1]
Marly den 29 April 1714.
Hertzallerliebe Louisse, heütte morgen habe ich daß vergnügen
gehabt, 2 paquet auff einmahl von ma tante zu bekommen; eines
war vom 16, wobey Ewer lieber brieff war, undt noch eins vom
20; waß mich aber wunder genohmen, ist, daß man den ersten
brieff zu Hannover selber auffgehalten hatt. Man hatt mir noch
ein pagen-stückelgen
[2] dabey gethan; den man hatt, umb zu
weißen ohne zweyffel, daß die zwey brieffe geleßen worden, die
blatter gantz verlegt von einem brieff im andern. Daß kan
niemandts, alß ein trunckenboldt, gethan haben, bilde mir also ein,
daß es der graff Platten seye, aber er mag ma tante brieff, so ich
heütte geschrieben, nur wider leßen, so wirdt er sein sach finden.
Es ist mir leydt, aber es wundert mich gar nicht, daß Ihr wider
einen geschwollen backen habt; bey dem unbestandigen wetter kan
es nicht anderst sein. Gott seye danck, daß ma tante ihre rose
nicht hatt bey dießem flüßigten wetter! Meine knie füllens auch
sehr. Man kan woll die cammer halten mitt den flüßen, aber man
solle daß bett nicht hütten, den daß vermehrts gar gewiß. Worumb
nehmbt ist
[3] kein meladie-Kendt-pulver?
[4] Daß macht ja gar
woll schwitzen. Ich bin, gott lob, nicht kranck, aber ich leyde viel
ahn die knie undt in der lincken seydte. Ich habe es Eüch ja
woll gesagt, daß der junge Broglio gar ein ehrlicher mensch ist,
hatt verstandt undt weiß gar woll zu leben.
[5] Wer hatt den die
dolle handel in der Pfaltz ahngefangen? Wo man pfaffen gehör
gibt, geht es allezeit gar wunderlich herr, in welcher religion es
auch sein mag. Ich hoffe undt wünsche von hertzen, daß Ewere
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flüße vorbey sein mögen, wen Ihr dießen brieff entpfangen werdet,
undt in volkomener gesundtheit sein möget undt lang dabey
beharen und persuadirt sein, liebe Louisse, daß ich Eüch von hertzen
lieb behalte.