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Versaille den 8 Februari 1714.
Hertzallerliebe Louisse, es hatt mich heütte von hertzen
gefreüet, alß ich Ewer liebes schreiben von 29 Januari in unßerer
lieben churfürstin paquet gefunden; den ich habe dadurch gesehen
undt judicirt, daß Ihr wider woll sein möchtet, welches ich sehr
gewünscht; sehe gern, daß meine brieffe nun so richtig gehen.
Liebe Louisse, Ihr könt mir nie zu offt kommen, den Ewere
schreiben seindt mir lieb undt ahngenehm. Ist es möglich, andtworte ich
drauff; ist es nicht möglich, verschieb ich es auff ein ander mahl.
Gott seye danck, daß ma tante wider woll ist! Ich gestehe, daß,
wen [ich bei] I. L. auch nur die geringste ungelegenheit weiß, kan
ich nicht ruhig sein. Die kalte ist erschrecklich hir geweßen,
seyder gestern aber hatt es hir auffgethauet. Folgen ma tante freüllen
I. L. ungekley[det] in die stattkirch? Daß kompt mir frembt vor,
zu meiner zeit were daß nicht ahngangen; in chaissen getragen ist
mir auch neü, zu meiner zeit ware keine eintzige chaisse zu
Hannover. Je weniger man braucht, je beßer man sich befindt. Wen
ich nicht schreiben konte, müste ich gar gefahrlich kranck sein.
Ich bin recht fro, daß ma tante die resolution gefast, nicht in die
kalte zu gehen, aber mich deücht, daß es ordinarie in den
commedie-salern
[1] nicht kalt ist, undt können sich ja in chaissen auß
undt ein tragen laßen. Ich hoffe, daß ma tante sich so warm wirdt
gekleydt haben, daß ihnen die kalte nicht schaden kan. Die kälte
hatt mich mein rhumatisme greulich geplagt undt nun es regnet, bin
ich nicht beßer, glaube, daß ich endtlich gar lahm werde werden.
Der frieden ist gantz gebrochen leyder, Villar kompt wider her.
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Der comte de Broglio
[3] hatt mir Ewern brieff geschickt undt waß
er Eüch geantwort. Er ist gar ein feiner ehrlicher mensch; kan
er Euch dinen, wirdt er es gern thun, er ist nicht interessirt wie
der marechal de Villar. Adieu, hertzliebe Louisse! Hiemitt ist
Ewer liebes schreiben vollig beantwortet, sage nichts mehr, alß daß
ich Eüch von hertzen lieb behalte.