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Paris den 24 October 1715, umb 7 abendts.
Hertzallerliebe Louise, morgen ist der post[t]ag, aber weillen
ich aber noch ein par stundt in mein cabinet zu bleiben habe, ehe
ich zu mein trawriges nachteßen gehe, so kan ich es nicht beßer
ahnwenden, alß ahnfangen, Eüch zu entreteniren. Morgen werde
ich außschreiben komme[n], nun aber komme ich, wo ich gestern, ich
will sagen vergangen dinstag geblieben war, nehmblich ahn die
princes von Wallis. Ich bin fro, daß I. L. sich nicht übel finden
bey ihrem schwangersein. Es ist woll genung, daß man mitt so
großen schmertzen enden muß, ohne noch die 9 mont über zu
leyden, wie es mir alle 3 mahl gangen ist. Es schauttert einem, wen
man von der abscheulichen sach hört, wie man daß gantze königliche
hauß in Engellandt hatt assasiniren wollen.
[1] Ihr schreibt woll, daß
dießer abscheüliche complot endeckt worden, aber nicht, wie es
herraußkommen; daß mögte ich doch gerne wißen. Man sagt hir,
daß [man] 1500 leütte von qualitet eingezogen hatt, so alle von
der conspiration wahren. Daß kompt mir abscheülich vor; wie kan
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man solchen leütten trawen? Es ist ein groß glück, daß die printzes
von Wallis unerschrocken ist; sonsten könten I. L. keine ruhige
stundt bey der nation haben. Ich wünsche woll, daß der könig
undt sein gantzes hauß erhalten mögen werden; allein ich gestehe,
ich trawe den Englandern kein haar, undt es ist mir bang vor
ihnen. Gott ist woll allezeit gerecht, die menschen aber seindts
nicht, liebe Louise, undt es geschicht offt, daß die gerechten von
den ungerechten verfolgt, geplaget undt gar getödtet werden, undt
deßwegen ist mir angst vor unßern könig Görgen undt seiner famille.
Worinen die Engländer woll gar verfluchte leütte sein, ist, einen
könig selbsten zu erwehlen gegen ihren rechtmäßigen könig undt
hernach ihn assassiniren wollen, undt hetten sie den andern,
schlügen sie ihm vielleicht den kopff ab. Man mag sagen, waß man
will, die Engländer seindt falsche undt untrewe leütte, denen kein
haar zu trawen ist.
[2] Ich glaube, daß, wen die printzes von Wallis
daß frantzösche undt englische kinderzeüg sehen wirdt, daß sie bey
dem letzten bleiben wirdt; den daß englische ist properer.
[3] Waß
man in Engellandt prositbourse
[4] heist, ist, waß hir die dame d’atour
ist. Wie der Engländer humor ist, so würden sie 12 königen
schwehren undt sie alle 12 gleich so haßen, daß sie sie todt sehen
mogten. Deß milords Mare
[5] fraw jammert mich von hertzen.
Aber mein nachteßen ist ahngericht, morgen ein mehres, liebe
Louisse! Ich wünsche Eüch eine glückseelige nacht.
Freytag, den 25 October, umb 3 viertel auff 9 abendts.
Gestern abendts, wie ich zum nachteßen gangen war undt mich
braff eylte, umb wieder ahn Eüch zu schreiben, liebe Louisse, so
kam mylord Stairs undt brachte mir ein schreiben von unßerer
lieben printzes von Wallis. Kaum hatte ich dießen brieff geleßen, da
kam mein sohn, mitt dem blautterte ich biß umb 11 abendts; da
war es zu spät, umb wider ahnzufangen zu schreiben. Heütte
morgen habe ich bey der printzes von Wallis ahngefangen zu
antworten, undt wie ich eben hernach die feder nehmen wolte, ahn Eüch
zu schreiben, bracht mir der marquis de Craon ein großmächtig
paquet von meiner dochter bracht; deren habe ich also doppelt
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andtwortten müßen, 13 bogen durch den courir undt 8 durch die
post; daß hatt mich bißher auffgehalten, daß ich Eüch nicht habe
schreiben können. Nun komme ich vom eßen, aber ich habe waß
verdrießliches, so mich heütte gantz gritlich macht; will suchen,
ob ichs mit Eüch zu entreteniren vertreiben konte. Von den
rebellen will ich nichts sagen, alß daß mich deücht, daß ich kein
groß unrecht gehabt habe, wie ich gewünscht, daß könig Görgen
nicht in Engellandt gehen möge. Es ist mir todt-angst, es wirdt
mitt einer großen tragedie enden; den, wie man sagt, so haben die
rebellen doppelten preiß auffs Gorgen kopff gesetzt, so man im
parlement auff deß jungen königs kopff gesetzt hatt; daß kan ja
nicht anderst, alß abscheülich, ablauffen. Ich bin woll Ewer
meinung, liebe Louisse, daß die Englander einen engel vom himmel
haßen solten, wen sie ihn vor könig gewehlt hetten. Wie ich Eüch
letztmahl geschrieben, wuste ich die sach nicht mitt den schiffen
voller mousquetten, habe es aber seydem erfahren; mein sohn hatt
mir es recht mitt zorn verzehlt, daß man so falsch gegen den
fridentractaten gehandelt hatte. So viel ich von der sach judiciren kan,
so hatt mein sohn gutte intention, alles mitt recht undt
gerechtigkeit zu regieren, so lang er regent sein wirdt. Werden die arme
gallerien nicht loßgelaßen, wirdt es woll meine schuldt nicht sein;
ich thue mein bests, wie einer, der allein geycht.
[6] Vor
[7] affairen
undt particullire sachen spreche ich meinem sohn gar nicht. Ihr
habt monsieur du Quesne gar recht geantwortet, liebe Louisse!
Mansleütte sehe ich viel, aber keine weibsleütte; die wollen nicht
zu mir, weillen ich nicht leyden kan, daß man gantz desbraillirt
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zu mir kompt in escharpen, wie zu madame d’Orleans undt
madame de Berry. Die junge leütte wißen nicht, wo der respect in
bestehet, haben nie keinen recht hoff gesehen. Ich gestehe, daß
das gantz unordtentliche weßen mir abscheülich mißfehlt. Alles,
mitt einem wordt, liebe Louisse, ist nun recht widerlich; ich wolte,
daß ich ein par hundert meyll davon were. Monsieur Stamer ist
wider nach Saxsen. Den jungen herrn von Degenfelt werde ich
recht gern sehen, insonderheit weillen er so raisonabel ist, daß
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woll waß rares unter jungen leütten ist, insonderheit in itzigen
zeitten, daß
[9] sie alle, mans- undt weibsleütte, arger sein, alß die
wütige hundt. Nein, liebe Louisse, seydt in keinen sorgen, daß ich
Ewere liebe brieffe zu lange finde! Sie gefahlen mir woll undt
leße sie recht gern. Adieu! Daß sandtmängen kompt
ahngestochen
[10], wie man zu den kindern sagt; ich muß nach bett, aber doch
nicht, ohne Eüch zu versichern, liebe Louisse, daß ich Eüch
allezeit recht von hertzen lieb behalte.