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St Clou den 30 October 1721 (N. 36).
Hertzallerliebe Louise, wie ich eben die feder nahm, umb auff
Ewer liebes schreiben vom 11ten dießes monts zu antworden, entpfange
ich Ewer paquet undt schreiben vom 18. Dem monsieur
d’Angervillie[rs] paquet werde ich ihm unfehlbar dießen abendt schicken,
aber ihm dabey zu schreiben, ist mir ohnmöglich; den ich estimire
ihn gantz undt gar nicht, solicittire gegen ihm in der sach vom
pfaltzgraffen von Zweybrücken undt darnach auch in den falschen
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stücken, so er der armen ritterschafft vom Elsaß
[1] gethan; also segt
Ihr woll, liebe Louise, das ich ihm ohnmöglich schreiben kan. Dieß
ist die ursach, warumb ich bey dießen letzten meine antwordt
ahnfange. Ich bin recht erschrocken, liebe Louise, Ewern fall zu
vernehmen. Fallen ist nun die große mode, unßere hertzogin von
Hannover hette sich auch schir letzt mahl den halß gebrochen, ihr
hacken hatt sich in ihren a-la-mode-rock gewickelt, ist also auff die
letzte staffeln von ihrer stiege gerutscht, hatt sich wehe an die
waden gethan, aber doch nun wieder gesundt, kam gestern her undt
lacht über ihren fall von hertzen. Gott seye danck, liebe Louise,
daß Ihr auch wieder courirt seidt! Ich habe allezeit daß waßer
von arquebussade
[2] sehr loben [hören], aber daß spiritus vom
campffer könte ich nicht vertragen
[3]; mich deücht, daß campffer rigt
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wie ein stinckender ahtem. Ihr müst ihm fallen Ewern lincken fuß
verstaugt haben, daß hatt Eüch vielleicht fallen machen; den wen
man einen fuß verstaugt, felt man allezeit mitt. Es ist mir zu offt
geschehen leyder, umb nicht zu wißen, wie es thut. Ich fürchte,
liebe Louise, daß Ihr die schmertzen in den knöcheln noch lang
spüren werdt. Gott gebe, daß ich mich betriege! Der kleine
cardinal
[5], so nun die posten hatt, will gewiß weißen, daß er es
hübscher will machen, alß daß böße lachende cröttgen
[6], der Torcy. Ob
ich zwar dießen auch nicht lieb habe, so werde ichs ihm doch danck
wißen, wen er meine brieffe recht wirdt gehen machen. Ich hatte
gewiß den grünen safft, so man mir vergangen sambstag undt
sontag hatt schlucken machen, hoch von nöhten gehabt; den in 4 tagen
hatt es mich 28 mahl gehen machen, lautter schwartze undt gelb wie
saffran große machtige schüßeln von galle. Ich glaube, vor dießem
hatte ich nicht weniger ursach, alß nun, galle zu machen, aber daß
continuirliche jagen undt die ahngenehme geselschafft vom konig
hatt alles dissipirt. Daß kan ja nun nicht mehr geschehen, samle
also alle schwartze galle in meine lincke seytte; die gibt mir nun
zu zeitten daß fieber, muß also etlich mahl gelehret
[7] werden,
damitt ich nicht kranck werde. Es ist aber eine betrübte sach,
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ahnstadt etwaß lustiges, zu thun müßen, waß ich ahm ungernsten [thue].
Niemandts könte hir daß citttronen-kern-pulver machen, auch habe
ich keinen gehe-zorn
[8], so meine galle macht, sondern eine
innerliche trawerigkeit, die ich so viel verberge, alß mir immer möglich
ist. Die generallin von Falckenhan undt ich müßen einander in
nichts geglichen [haben]; sie war gehe-zornig, ich bins nicht, sie
waß
[9] hübsch undt jung, ich alt undt heßlich. Von kleydung weiß
undt kan ich nicht reden. Die fürstin Ragotzi spricht polie undt
de bon sens. Ich weiß ihr leben woll, muß also gestehen, daß ich
mich ihrer ein wenig scheme, den alle leütte wißen ihre historien
hir. Ich habe mein sohn von hertzen lachen machen, wie ich ihm
gesagt, er solle nicht allein bey ihr bleiben, damitt sie ihn nicht
nohtzüchtige, wie man sagt, daß dem Czaar mitt ihr geschehen.
Aber da kompt mein erster haußhoffmeister ahngestochen, sagt,
mein eßen wirdt kalt, ich müste eßen undt hernach hübsch frühe
zu bett gehen, hatt daß ordre von monsieur Teray. Dießer erste
haußhoffmeister ist jünker
[10] Wendt, den Ihr mein page gesehen zu
Heydelberg. Gutte nacht, liebe Louise! Seydt versichert, daß ich
von hertzen wünsche, daß Ewer fuß haldt wider heiß
[11] sein moge!
Den ich behalte Eüch von hertzen lieb.