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Brief vom 5. Februar 1711

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


511.


[229]

A mad. Louise, raugraffin zu Pfaltz, a Hannover.

Marly den 5 Februari 1711.
Hertzallerliebe Louisse, Ihr wist, daß ich Eüch versprochen, dieße post auff Ewer zweytes schreiben zu andtwortten, daß unterfang ich nun. Ewer erster brieff muste singen wie Alcide im opera von Alceste[1]: J’aurois beau me presser, je partires trop tard. Ey, liebe Louisse, seydt nicht so scrupulos! Den ich würde gar nicht böß geworden sein, noch ein schreiben von Eüch zu haben; den waß ich Eüch gebetten hatte, einen andern tag zu schreiben, war nicht, umb kein schreiben von Eüch zu entpfangen, sondern nur auß forcht, nicht antworten zu können; aber glaubt, daß Ihr mir allezeit einen rechten gefahlen thut, wen Ihr mir schreibt! Also last nur auff dießen poncten alle scrupel fahren! Es ist mir leydt, liebe Louisse, zu wißen, daß Ihr Eüch ahns caffé gewohndt habt; nichts ist ungesunder in der weldt undt alle tag sehe ich leütte hir, so es quittiren müßen, weillen es ihnen große kranckheitten verursachet. Die fürstin von Hannau, hertzog Christians von [230] Birckenfelt dochter, ist davon gestorben mitt abscheülichen schmertzen.[2] Man hatt den caffé nach ihrem todt in ihrem magen gefunden, so hundert kleine geschwehrn drinen verursachet. Last Eüch doch daß zur warnung dinnen, liebe Louisse! Dancke Eüch sehr, liebe Louisse, vor alle Ewere gutte wünschen, aber wir seindt einander ja nahe genung, umb einander alles guts zu wünschen. Waß ma tante mir schickt, wirdt mich gewiß frewen; den dero gnaden rührt mir daß hertz recht, zu dem so liebe ich die antiquen sehr. Ich bitte Eüch, schreibt mir doch, ob die bagoden ma tante haben lachen machen! Daß ist alles, waß ich von dießem kleinen pressent begehre. Ma tante pressent ist noch nicht ahnkommen; waß man auß Teütschlandt bekombt, ist lang unterwegen, es geht langsam mitt her. Es verlangt mir recht drauff. Ihr sagt nicht, ob Ihr Ewere wettung wegen der redoutte bezahlt habt. Ich hatte, wie Ihr secht, recht von der sach judicirt. Daß wirdt nun baldt zum endt gehen, bin fro wegen ma tante. In 12 monat, liebe Louisse, müßen woll allerhandt leütte sterben, da thut der carnaval nichts zu. Lenor rümbt sich sehr von ihrer niepce, ist sehr touchirt, daß sie ihr so fleißig schreibt, undt wünscht dem neüen par alles guts. Ich wolte gern noch vom Schullenberg[3] reden, allein es schlegt 8te. Man hatt mich dießen nachmittag ein wenig zu lang schlaffen laßen. Vergangen sontag habe ich Eüch eine bouteille vom weißem beaume geschickt; bekompt er Eüch woll, werdet Ihr mehr bekommen, aber nun kan ich nur noch sagen, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte.
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Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 5. Februar 1711 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 2 (1871), S. 229–230
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d02b0511.html
Änderungsstand:
Tintenfass