Seitenbanner

Brief vom 8. Dezember 1718

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


974.


[461]
Paris den 8 Xbr 1718, umb halb 6 (N. 35).
Hertzallerliebe Louisse, heütte morgen umb 10 habe ich Ewer paquet sambt Ewer liebes schreiben vom 26, no 93, zu recht entpfangen. Ich war gantz verwundert, vergangen sontag nichts von Eüch entpfangen zu haben, meinte, heütte zwey paquetten von Eüch zu entpfangen, aber es ist nur eines kommen, wie ich schon gesagt habe. Bin fro, liebe Louise, daß meine schreiben Eüch ahngenehm sein undt erfrewen. Auffs wenigst segt Ihr woll, daß ich mein wordt halte undt alle posten schreibe, in welchem standt ich auch sein mag, undt seydt versichert, daß es gantz unmöglich sein muß, wofern ich Eüch nicht schreibe, liebe Louisse! Ich bin persuadirt, daß die aderläß schultig ist, daß ich den abscheülichen husten bekommen habe; den daß setzt serositeten ins geblüdt, welches mich die scharpffe humoren hatt in die naß undt in den halß fahlen machen. Aber mein ey, mitt sietig[1] waßer geklopfft undt zuckercandel undt ein wenig zimmet, hatt mich durchauß courirt, also ist nichts mehr von meiner gesundtheit zu sagen. Ich kan nicht versprechen, mich nicht mehr auß precaution zur ader [zu] laßen; den ich sage Eüch, liebe Louissen, das ich die gedult nicht habe, die qual undt plag außzustehen, so man mir ahnthut, wen ich nicht alles thue, so monsieur Teray mir zumuht. Mein[e] kräfften seindt noch [462] nicht wider kommen; ich bin noch gantz matt; aber waß mir vollendts auß dem sattel geholfen, ist, daß man mir nach meinem husten von dem grünen safft hatt zu schlucken geben, so mich in 3 tagen 22 mahl purgirt hatt. Drumb hatt man es dabey … Mitt Eüch, da ich ohne ceremonien von meiner gesundtheit sprechen, will ich woll sagen, daß ich doch glaube, daß ich den safft von nöhten; den es ist so schwartze galle von mir gangen, wie der koht auff der gaßen, undt auch grün undt gehle;[2] aber weillen es so starck hergangen, hatt man auffgehört. Aber hirauß segt Ihr woll, liebe Louise, daß ich nicht woll bey kräfften sein kan. Aber ich befinde mich doch nun gantz woll, fange wieder ahn, woll zu schlaffen undt habe keinen widerwillen zum eßen, aber auch keinen gar großen hunger. Glaubt nie nichts waß man auch von meiner gesundtheit sagen mag! den ich werde Eüch allezeit die warheit schreiben, werde, wo ich nicht schreiben konte, schreiben laßen durch die Rotzenheusserin oder durch meinem Wendt. Ich thue nichts liebers, alß wen ich jemandts noht undt angst oder inquietuden benehmen kan; den es jammert mich, wen ich jemandts in sorgen weiß. Die fraw von Ratzamshaussen hatt nicht geknottert,[3] den sie hatt so offt gesehen, daß meine aderläß woll abgangen, daß sie gemeint, daß es mir woll bekomen würde; aber sie hatt braff geschwohren, wie me[i]n arm auffgangen ist. Ihr habt meinen husten prophezeyt. Es ist so warm nun hir, daß man den gantzen tag kein feüer hatt undt die fenster offen. Ich bin heütte in die morgendtspredig undt nachmittags zur großhertzogin. Es war gar schon wetter; umb die recht frische lufft zu schöpffen, bin ich über den wall; den da schopfft man beßere undt gesundere lufft, alß in den gaßen. Es muß kalter zu Franckfort sein, alß hir, daß Ihr den husten bekommen, umb nicht genung gekleydt gewest zu sein. Schreiben schadt mir nichts, ich bins gar zu gewohnt. Ey, liebe Louisse, Ewere entschuldigung, übel geschiffert zu haben, ist woll ohnnöhtig; da dencke ich nimer ahn, es ist ja alles wider eingericht. Daß die post zu geschwindt weg geht, ist ja Ewer schuldt gar nicht. Ich weiß nicht, wo daß paquet hin kommen ist; den ich habe es nicht entpfangen. Daß 3 buch hab ich zugleich mitt dem zweytten entpfangen undt Eüch schon davor gedannkt, dancke auch [463] hiemitt vor daß 4 theyl, so heütte morgen mitt Ewer liebes schreiben ahnkommen. Aber weillen die post von Coln 4 tag eher ahnkompt, warumb schickt Ihr Ewere schreiben nicht allezeit über Cöln? es kompt ja 4 tag geschwinder ahn. Die genealogie hatt kein[e] eyll, will lieber wartten undt sie perfecter haben; den mein aversion seindt gestümpffte[4] bücher. Ich kan Eüch nicht sagen, wie sehr ich die leütte hir mitt den talckbildern divertire undt mich selbsten auch. Man hatt wenig talck hir im landt, habens nicht von nohten; den sie schleiffen daß glaß so dün, alß wens frawenglaß[5] were. Man lügt hir wie der teüffel. Ich weiß nun schon, daß es nicht war ist, daß der printz Eugene vergifft solle sein. Ich glaube, es seindt noch verwanten vom hertzog von Savoyen, alß zum exempel mein dochterman, der hertzog von Lotteringen. Daß Monferat kompt im zu, wie mir meine hendtschen,[6] undt der keyßer hatt es ihm ungerechter weiß genohmen undt dem hertzog von Savoyen gegeben undt hatt ihm nichts davor gegeben. Ich weiß noch alles so woll von der Pfaltz, liebe Louisse, daß ich gar gewiß nicht von nohten hette, daß man mich führen solte; wolte woll gantz allein von Heydelberg nach Manheim über Wiblingen, Edingen undt Seckenheim, auch von Manheim nach Franckenthal, nach Wormbs undt auch von Manheim nach Schwetzingen. Von Heydelberg nach Schwetzingen bin ich offt zu fuß undt 2 mahl von Schwetzingen nach Manheim gangen; drumb weiß ich die weg so woll. Ich kan sagen: Je recognois mon sang a cela, daß Churpfaltz die ceremonien gar nicht liebt; ich kan sie nicht außstehen,[7] hir ist es nicht der brauch, gott lob! Ich meinte, die lutherische kirch were auch abgebrandt worden; bin fro, wen noch etwaß stehen bleibt von meiner kuntschafft. Ich erinere mich nicht mehr, wo der hoffschreiner gewont, aber noch gar woll, wo die Sapientz war, lengst der mawer, die die statt von der vorstatt scheidt, gegenüber deß Seckendorffs hauß undt deß Seyllers vatters, so die liberey ferbte. Wo daß comissariat war, weiß ich auch noch just, schir im ahnfang von der Kettengaß. Aber da kompt man mir sagen, daß mein salat vorhanden, muß also vor dießmahl aufhören undt den rest vor sontag sparen, wo mir gott leben undt gesundtheit [464] verleydt. Adieu den, hertzallerliebe Louise! Ich habe der zeit nicht, mein brieff zu überleßen; helfft den fehlem undt seydt versichert, daß ich Eüch von hertzen lieb behalte!
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 8. Dezember 1718 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 3 (1874), S. 461–464
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d03b0974.html
Änderungsstand:
Tintenfass