Seitenbanner

Brief vom 6. Dezember 1721

von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orléans
an Raugräfin Louise zu Pfalz


1285.


[287]
St Clou den 6 December 1721 umb halb 9 morgendts (N. 47).
Hertzallerliebe Louise, nun komme ich, mitt rechten betrübten hertzen von St Clou adieu zu sagen; den gleich nach dem eßen werde ich nach Paris, gleich meine schuldigkeit bey dem könig [288] ablegen, darnach ins Palais-Royal, mich trawerig einrüsten. Gegen abendt werde ich in die ittalliensche commedie gehen, umb zu suchen, meine grillen ein wenig zu vertreiben. Gleich nach der commedie werde ich zu nacht eßen undt dan gleich zu bett. Ich komme jetzt auff Ewer liebes schreiben, so ich vorgestern entpfangen, vom 22 November, no 84. Dieße schlime gewohnheit, meine brieffe alß zwey undt zwey zu geben, wirdt woll nicht abkommen. Bey mir habens sies[1] doch abgeschafft, den wie Ihr segt, liebe Louise, so bekomme ich jetzt Ewere schreiben alle eins nach dem eßen[2]. Von den brieffen undt ceremonien will ich nichts mehr sagen, den das ist, gott lob, vorbey. Die freüde von mademoiselle Mon[t]pensier heüraht ist ein vergnügen, aber nicht von denen freüden, so lachen, hübffen undt springen machen, liebe Louise! Mademoiselle de Mon[t]pensier kan man nicht heßlich heyßen, sie hatt eine glatte haut, hübsche augen, die naß ging auch woll hin, wen sie nicht zu eng were, der mundt ist gar klein. Aber mitt dießem allem ist es daß unahngenehmbste kindt, so ich mein leben gesehen, in allem, in maniren, in reden, in eßen undt drincken, es macht einem[3] recht ungedultig, wen man sie sicht[4]; habe woll keine threnen vergoßen, noch sie auch nicht, wie wir unß adieu gesagt haben. Ich [habe] [289] in Spanien ein stieff-dochter[5], ein stieff-enckel[6] undt jetzt ein enckel, so königinen in Spanien geweßen undt sein werden. Die liebste von allen war die stieff-dochter, die habe ich von hertzen geliebt, alß wen sie meine schwester were; den meine dochter konte sie nicht sein, ich hatte nur 9 jahr mehr, alß sie. Ich war noch gar kindisch, wie ich herkame, wir haben mitt einander gespilt undt gerast; Carl[l]utz s. undt der kleine printz von Eissenach, wir haben offt ein solch geraß gemacht, daß man nicht bey unß hatt daweren [können]. Es war eine alte dame hir, so madame de Fiene[7] hieß, die haben wir erschrecklich geplagt; sie hörte nicht gerne schießen undt wir warffen ihr immer petar[d]en[8] in den rock, welches sie verzweyffelte, lieff unß nach, umb unß zu schlagen, daß war der groste spaß. Solte es war sein, daß der infant von Spanien eine ertzhertzogin heürahten solte undt graf Mansfelt noch im leben sein, würde ich kein har vor deß printz undt printzes des Asturie[s] leben geben; den er hatt so gewiß unßere arme liebe königin vergifftet, alß ich hir schreibe[9]. Im keyßerliche[n] raht ist man gar [290] nicht scrupuleux auff solche sagen[10], ohne der keißer wißen schicken sie die leütte in jene welt[11]. Ich erfrewe mich mitt Eüch, liebe Louisse, die freüde zu haben, die fraw von Degenfelt wider zu sehen. Ich habe allezeit verspürt, daß Ihr sie lieb habt. Wie ich höre, so solle Ewere niepce älter außsehen, alß sie ist; aber daß magersein mag woll dazu contribuiren. Es wirdt Eüch ant thun nach Ewer kleinen niepce. Große undt kleinen finden hirmitt meinen gruß hirin. Frag ich den mehr darnach, wie es zu Franckfort hergeht, alß waß Eüch betriefft, liebe Louise? Daß wer ein irtum. Ich muß schließen, es ist zeit, in die kirch zu gehen, kan also in eyll nicht mehr sagen, alß daß [ich] madame de Dangeau ihrer fraw schwester brieff geschickt habe. Adieu! ich ambrassire Eüch undt behalte Eüch allezeit von hertzen lieb.
Impressum
Datenschutz
KontaktPost
Empfohlene Zitierweise:
Brief vom 6. Dezember 1721 von Elisabeth Charlotte an Louise zu Pfalz
in: Briefe der Herzogin …, Hg. W. L. Holland, Band 6 (1881), S. 287–290
Onlinetext URL: https://www.elisabeth-charlotte.eu/b/d06b1285.html
Änderungsstand:
Tintenfass